Früherkennung

Mögliche Hinweise im Vorschulalter

Da man bei einem Vorschulkind noch keine Defizite beim konkreten Schreib-, Lese- und Rechenprozess beobachten kann, ist es nicht möglich, eine LRS bereits in diesem Alter zu diagnostizieren. Sehr wohl aber lassen sich Beobachtungen machen, die auf einen vorschulischen Förderbedarf schließen lassen.

Bereits vor der Einschulung entwickeln sich Voraussetzungen und Vorkenntnisse für das spätere Lesen- und Schreibenlernen. Lesen und Schreiben sind hochkomplexe Leistungen und stellen große Anforderungen an die individuellen Wahrnehmungsleistungen eines Kindes dar. Vom Gelingen der sensorischen Integration, also der sinnvollen Ordnung, Aufgliederung und Verarbeitung von Sinneseindrücken, wird die Fähigkeit des Erlernens der Kulturtechniken des Lesens, Schreibens und Rechnens maßgeblich beeinflusst. Einfacher gesagt: Das Kind braucht vor allem gute Fähigkeiten, Laute zu hören, Symbole wie Buchstaben überhaupt gut zu erkennen und zu unterscheiden und feinmotorische Fähigkeiten, um den Buchstaben später „nachmalen“ bzw. wiedergeben zu können. Schließlich benötigt es noch gute Gedächtnisleistungen, um Buchstaben und Zahlensymbole auch dauerhaft abspeichern zu können.

Beobachtungen bei einem Kind können sein:

  • verspätetes Gehen, schlechte Körperkoordination (häufiges Stolpern, Stoßen, Zwischenschritte beim Treppensteigen etc.),
  • keine Krabbelphase,
  • Kind fällt über Dinge, die nicht da sind,
  • Schwierigkeiten beim Umgang mit der Schere, beim Malen (malt weit über den Rand), beim Umgang mit Besteck,
  • große Schwierigkeiten beim Erlernen des Radfahrens und Schwimmens,
  • verspätetes Sprechen, Lispeln/Stottern/Stammeln, Kreieren eigener Wörter,
  • Kind kann Rhythmen schlecht nachklopfen,
  • Schwierigkeiten Gehörtes wiederzugeben (zum Beispiel Inhalt einer kurzen Geschichte),
  • Kind lehnt Spiele wie Memory, Puzzle ab,
  • Kind kann sich Kinderreime und Lieder nicht merken,
  • auffällig „gute“ und „schlechte“ Tage,
  • das Denken findet schneller als das Handeln statt,
  • Handlungen oft überhastet, oft extrem langsam,
  • Schwierigkeiten, oben/unten, rechts/links zu unterscheiden,
  • Schwierigkeiten beim Fangen und Werfen eines Balls.

Bei mindestens fünf erfüllten Kriterien, in denen sich über einen längeren Zeitraum im Jahr vor dem Schuleintritt Verdachtsmomente ergeben, empfiehlt sich eine genaue Abklärung der Schwierigkeiten des Kindes. Diese kann man beispielsweise in einer Frühförderstelle durchführen lassen. Es ist wichtig, dass Eltern ihre Beobachtungen in Gesprächen mit den Erziehern in der Kita und mit dem Kinderarzt besprechen. Zuweilen macht eine medizinische Abklärung der Auffälligkeiten Sinn. Malt ein Kind über den Rand, kann beispielsweise eine Sehschwäche dafür verantwortlich sein, die durch das Tragen einer Brille behoben werden kann. Bei jedem Kind mit Auffälligkeiten muss also genau hingesehen werden, was vorliegt und welche Interventionen zur Unterstützung erforderlich sind. Das ist nicht immer einfach, kann den Kindern aber einen großen Leidensweg ersparen, der sonst mit dem Eintritt in die Schule beginnen könnte.

Beobachtungskatalog angelehnt an: Das Phänomen der Legasthenie erkennen, Fragenkatalog vor Schulbeginn aus: Astrid Kopp-Duller, Legasthenie-Training nach der AFS-Methode 2000.