Antrag auf Eingliederungshilfe

Erstattung der Therapiekosten durch das Jugendamt

Normalerweise müssen Erziehungsberechtigte die Kosten für eine Legasthenie- oder Dyskalkulie-Therapie selbst tragen. Wenn jedoch als Folge der Legasthenie/Dyskalkulie eine seelische Behinderung droht, können Eltern einen Antrag auf Gewährung von Eingliederungshilfe gemäß Paragraph 35a Sozialgesetzbuch, Achtes Buch – Kinder und Jugendhilfe SGB VIII, beim örtlichen Jugendamt stellen.

Von einer drohenden seelischen Behinderung spricht man, wenn folgende Umstände bei einem Kind durch die LRS / Legasthenie und / oder Dyskalkulie auftreten: Schulangst, Versagensängste, Schwierigkeiten soziale Kontakte zu knüpfen, Hänseleien bzw. Mobbing durch Mitschüler, große Konflikte bei Hausaufgaben, Auftreten von Minderwertigkeitsgefühlen usw.

Folgende Schritte sind im Rahmen der Antragstellung notwendig:

  1. Ihr Antragsformular
    Eltern müssen das Jugendamt kontaktieren und das Antragsformular anfordern. Telefonisch werden sie um erste Informationen gebeten, zum Beispiel Name des Kindes, Schule des Kindes, Alter usw.
  2. Informationen an die Schule
    Eltern müssen die Schule informieren, dass der Antrag gestellt ist.
  3. Anfrage an die Krankenkasse
    Eltern müssen eine schriftliche Anfrage zur Kostenübernahme für eine Therapie an die Krankenkasse stellen. Die Kassen übernehmen diese Kosten nicht und senden eine schriftliche Absage heraus, die wiederum an das Jugendamt weitergeleitet werden muss. Dies ist eine Formalie, die jedoch erfolgen muss, weil das Jugendamt vor Gewährung der Eingliederungshilfe alle anderen möglichen Kostenträger ausschließen muss.
  4. Informationen an das Schulamt und den Kinder- und Jugendpsychiater
    Ist der Antrag beim Jugendamt eingegangen, so wird dieses das Schulamt/die Bezirksregierung dazu auffordern, einen Bericht der Schule (schulfachliche Stellungnahme) einzuholen. Das Schulamt/die Bezirksregierung erhält seitens des Jugendamtes eine Frist für die Rückgabe der Unterlagen. Gleichzeitig schickt das Jugendamt eine Kostenanerkenntnis an den Kinder- und Jugendpsychiater/ das SPZ zur Erstellung einer fachärztlichen Stellungnahme.
  5. Fachärztliche Stellungnahme des Kinder- und Jugendpsychiaters
    Der Kinder- und Jugendpsychiater/das SPZ führt testpsychologische Untersuchungen durch (Intelligenztest, Rechentest, Projektive und/oder Fragebogen-Diagnostik, je nach Symptomatik, ergänzende Testverfahren, siehe oben).

    Die Kosten für die Diagnostik beim niedergelassenen Kinder- und Jugendpsychiater und im SPZ werden von der Krankenkasse übernommen und nur diese Testuntersuchungen werden vom Jugendamt akzeptiert.

    Eine Testungsdiagnostik in einem lerntherapeutischen Institut/einer lerntherapeutischen Praxis mit eigenen kommerziellen Interessen geht zu Lasten der Eltern und wird seitens des Jugendamts nicht anerkannt, weil lerntherapeutische Institute/Praxen, die selbst Förderungen anbieten, als nicht neutral angesehen werden.

    Liegen die Diagnostikergebnisse beim Facharzt vor, so wird dieser nach Kostenzusage durch das Jugendamt, die fachärztliche Stellungnahme anfertigen. Die Eltern erhalten eine Kopie des Schreibens.

  6. Bericht der Schule/ Schulfachliche Stellungnahme
    Das Jugendamt fordert eine schulfachliche Stellungnahme an. Die Schule erhält seitens des Schulamts Formulare zur Erstellung einer schulfachlichen Stellungnahme. Dort dokumentiert die Schule die bisher durchgeführten Fördermaßnahmen, eine Analyse der Lernausgangslage und begründet, warum ihre Mittel erschöpft sind und muss eine Lernanalyse eintragen. Die ausgefüllten Formulare übermittelt die Schule dem Schulamt.
  7. Schulamt / Stellungnahme der Fachberatung
    a) Wie es normalerweise weitergeht:
    Das Schulamt überprüft die Unterlagen und leitet sie anschließend an das Jugendamt weiter. Dem Jugendamt reicht die schulfachliche Stellungnahme aus, aber in Köln läuft es etwas anders, als in anderen Städten von NRW.

    b) Wie es in Köln praktiziert wird:
    Das Schulamt leitet den Bericht der Schule intern an die Fachberatung weiter. Diese vereinbart nach Erhalt des Berichts einen Termin für eine „Testung“ des Kindes und kommt dafür in die Schule. Die Fachberatung soll ihre Einschätzung zum Bericht bezüglich der dargestellten Lernanalyse und der vorgeschlagenen Fördermaßnahmen der Schule abgeben und testet das Kind noch einmal. Erst wenn der Bericht der Fachberatung fertiggestellt ist, werden die Unterlagen mit der Stellungnahme der Schule an das Jugendamt geschickt. Die Eltern haben das Recht auf eine Kopie der Stellungnahme der Fachberatung und der schulfachlichen Stellungnahme. Das Jugendamt setzt dem Schulamt/der Bezirksregierung eine Frist zur Erstellung der Stellungnahme. Laut Aussage der Fachberatung Köln und des Jugendamtes Köln werden diese Fristen selten eingehalten.
  8. Gespräch mit dem Jugendamt
    Sind alle Unterlagen beim Jugendamt eingegangen, lädt dieses die Eltern mit dem Kind zu einem Gespräch ein oder stattet der Familie einen Besuch ab. In diesem Gespräch erhalten die Eltern mündlich eine Befürwortung oder Ablehnung. Später bekommen die Eltern das Ergebnis schriftlich auf postalischem Weg zugesandt.
  9. Auswahl des Therapieinstituts
    Das Jugendamt hat mit verschiedenen Instituten und Therapeuten Verträge abgeschlossen und wird den Eltern mitteilen, welche Praxen oder Institute sich in deren Nähe befinden. Dies dient der Kostenkontrolle, aber auch der Qualitätssicherung der Therapie, da für die Qualifikation der Lerntherapeuten bestimmte Rahmenbedingungen bestehen. Die Eltern können auch selbst einen Vorschlag machen und fragen, ob das Jugendamt mit dem von ihnen bevorzugten Lerntherapeuten zusammenarbeitet.
  10. Vorbereitung der Therapiemaßnahme und Hilfeplangespräch
    Haben die Eltern ein lerntherapeutisches Institut/eine lerntherapeutische Praxis gefunden, vereinbaren sie ein Kennenlerngespräch, das gemeinsam mit dem Kind stattfinden soll. Anschließend erfolgt ein Hilfeplangespräch. Dieses Gespräch wird seitens des Jugendamts terminiert und findet meist in der Schule statt. Hier sitzen alle Beteiligten an einem Tisch: Jugendamt, Lehrer, Therapeut, Eltern und Kind. Im Anschluss daran kann die Therapie beginnen. Das Jugendamt rechnet das Honorar für die Therapiestunden direkt mit dem Institut oder der Praxis ab. Die Therapie dauert in der Regel mindestens 18 Monate.

Insgesamt ist Geduld gefordert, da die Bearbeitungszeit des gesamten Verfahrens von Schritt eins bis Schritt zehn zwischen drei und sechs Monaten liegen kann.


Hinweis:

Befindet sich ein Kind schon in einer, von den Eltern auf eigene Kosten getragene Lerntherapie, so kann hierfür rückwirkend kein Antrag auf Erstattung der Kosten gestellt werden. Für eine Kostenübernahme muss das Jugendamt von vornherein in die Planung mit einbezogen werden.