PM: „Bildung darf kein parteipolitisches Kampfthema sein“

Köln, 24.05.2023. Am Freitag, den 26.05.2023 stehen die Themen Lese-, Rechtschreib- und Rechenschwäche, aufgrund der Hartnäckigkeit vom Kölner Arbeitskreis LRS & Dyskalkulie e.V., auf der Tagesordnung im Plenum. Dieses Mal soll es zu einer Abstimmung kommen. Dem Verein wurde eine fraktionsübergreifende Zusammenarbeit angekündigt.

Eltern betroffener SchülerInnen kämpfen schon seit Jahren in einem Dschungel von Regelungsinterpretationen  für die Durchsetzung der Rechte ihrer Kinder. Sie ringen von Schuljahr zu Schuljahr und von Lehrkraft zu Lehrkraft, damit ihre Kinder Notenschutz, Nachteilsausgleich und individuelle Förderung erhalten. Nach den Erfahrungen des Vereins handeln 80 – 85 % der Schulen gegen die schulrechtlichen Vorgaben. Viele Lehrkräfte und Schulen sind der Meinung, dass der sog. LRS-Erlass nicht oder nur teilweise umgesetzt werden muss. Dieter Budke (1. Vorsitzende des Vereins) äußert nachdrücklich: „ Ein Erlass ist eine Anweisung des Dienstherrn an die untergeordnete Behörde mit Anspruch auf Anwendung und Ausführung.“

Laut dem LRS-Erlass und den weiteren schulrechtlichen Vorgaben darf die Schule kein fachärztliches Attest verlangen und die Eltern brauchen keinen Antrag zu stellen, damit der Erlass Anwendung findet. Die 5 Bezirksregierungen erlauben sich aber jeweils eine eigene Auslegung der schulrechtlichen Vorgaben. 

Bereits im Jahr 2018  hatte der Kölner Arbeitskreis LRS & Dyskalkulie e.V. zusammen mit der Landeselternschaft der Gymnasium in NRW e.V. und mit seinen Netzwerkpartnern einen Erlassentwurf beim Ministerium eingereicht.  Die wichtigsten Forderungen dabei waren:

  • Die Erneuerung des LRS-Erlasses unter Berücksichtigung der Rechenschwäche, mit Verankerung im Schulgesetz, 
  • dass die Vorgaben aus dem Erlass bis einschließlich Abitur gelten, 
  • dass jede Schule einen Beauftragten für LRS und Rechenschwäche benennt und 
  • die Themen ins Lehramtsstudium aufgenommen werden.

Seitdem ist der Verein im regelmäßigen Austausch mit allen Landtagsfraktionen. Seine sehr erfolgreiche Podiumsdiskussion vom 30.11.2022 in Köln machte allen Fraktionsvertretern klar, dass endlich etwas passieren muss. Der Verein möchte erreichen, dass alle von Lese-, Rechtschreib- und Rechenschwäche betroffenen SchülerInnen Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit erfahren

Tanja Budke fordert: „Die Fraktionen und die Regierung müssen endlich handeln und Ordnung und Struktur in die schulrechtlichen Vorgaben bringen. Es kann nicht zum Nachteil der Schüler sein, dass der Erlass vom Ministerium bis zur Lehrkraft unterschiedlich ausgelegt wird. Viele betroffene Kinder werden nicht ordentlich und frühzeitig gefördert noch erhalten sie einen Nachteilsausgleich oder Notenschutz, was ihr fragiles Selbstbewusstsein nachhaltig schwächt. Obwohl die Kinder intelligent sind, werden mögliche Karrieren dadurch beeinträchtigt.“ 

Rechtsanwältin Jutta Löchner stellt fest: „Die Eltern trauen sich nicht den Rechtsweg zu beschreiten, weil es auf ihr Kind zurückfällt.“

Die Anfragen von Eltern, aber auch von Lehrkräften beim Kölner Arbeitskreis LRS & Dyskalkulie e.V., nehmen weiterhin zu. Von daher fordert der Verein auch eine finanzielle Unterstützung, um hauptamtliche Stellen aufzubauen und die Rechte der Kinder zu stärken.

Anhang (Detail-Infos)

Zwei Beispiele:

Beispiel 1 Homepage Bezirksregierung Arnsberg:
Auf der Homepage der Bezirksregierung Arnsberg heißt es:

„Innerhalb der Sekundarstufe I (bis Klasse 10): Die zuständige Schulleitung gewährt auf Antrag der Sorgeberechtigten (mit aktuellen ärztlichen/fachärztlichen Nachweisen) einen Nachteilsausgleich, wenn Schüler*innen aufgrund einer Behinderung oder Beeinträchtigung (z. B. Asperger-Syndrom; Autismus; Lese- Rechtschreibschwäche (LRS); akute Erkrankung, wie Handverletzung usw.) im konkreten Einzelfall geforderte schulische Leistungen nicht begabungsgemäß erbringen können.

Bei Prüfungen:

Bei den Zentralen Prüfungen nach der Klasse 10 (ZP10) holt die Schulleitung eine Entscheidung der Aufsichtsbehörde ein.“

https://www.bra.nrw.de/bildung-schule/unterricht/nachteilsausgleich

Die Bezirksregierung Arnsberg verstößt mit diesen Aussagen nicht nur gegen den sog. LRS-Erlass, sondern auch gegen die APO-SI, in der klar geregelt ist, dass die Schulleitung für die ZP10 über die Form des Nachteilsausgleiches entscheidet.

Beispiel 2 Homepage Bezirksregierung Münster:

„Bei Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten (LRS) regelt der Erlass vom 19.07.1991 (BASS 14 – 01 Nr. 1) bis zum Ende der Sekundarstufe I die von der Schule zu berücksichtigenden Maßnahmen. Die Schulen sind laut Erlass verpflichtet, Schülerinnen und Schüler, bei denen eine vermutete LRS vorliegt, selbst zu begutachten, um dann entsprechende Fördermaßnahmen einzuleiten und Nachteilsausgleiche zu gewähren.“

https://www.bezreg-muenster.de/zentralablage/dokumente/schule_und_bildung/inklusion/inklusionsordner/Inklusionsordner_Kapitel-5_Nachteilsausgleich.pdf

Fragen die Lehrkräfte jedoch bei der Bezirksregierung Münster nach, heißt es, laut einem uns vorliegendem Schreiben einer Schule: „Nach Rücksprache mit dem schulfachlichen Dezernenten der Bezirksregierung Münster gibt es keinen Notenschutz mehr bei einer Lese-Rechtschreibschwäche. Daher müssen wir Ihren Antrag ablehnen.“

Betroffenen SchülerInnen steht Notenschutz und Nachteilsausgleich zu. Der Notenschutz ist nicht Teil vom Nachteilsausgleich. Dies wird hier verwechselt.

Für das Zentralabitur wird von der Bezirksregierung Münster als Nachteilsausgleich nur eine Verlängerung der Vorbereitungs-, Arbeits- und Korrekturzeit aufgeführt. Es wären jedoch auch technische Hilfsmittel, personelle Unterstützung oder ein reizfreier Arbeitsplatz möglich.

Über Ihre Berichterstattung würden wir uns sehr freuen!

 

Pressekontakt und Informationen:

Kölner Arbeitskreis LRS & Dyskalkulie e.V., Tanja Budke

Tel: 0221. 56 08 18 55, www.lrs.koeln, info@lrs.koeln

Über den „Kölner Arbeitskreis LRS & Dyskalkulie“:  Gegründet im Mai 2015, unterstützt der Arbeitskreis betroffene Eltern mit Informationen, damit Kinder bestmöglich gefördert werden, besonders in der Schule. Des Weiteren kooperiert der Arbeitskreis mit Schulen und Lehrkräften, die ihren Umgang mit Lese-Rechtschreib-Schwäche und Dyskalkulie (Rechenschwäche) weiter optimieren wollen. Der Arbeitskreis führt in regelmäßigen Abständen Informationsabende für Eltern, aber auch für Lehrer und Therapeut*innen durch. Zudem können sich Eltern auf Stammtisch-Abenden austauschen. Der „Kölner Arbeitskreis LRS & Dyskalkulie“ arbeitet ehrenamtlich. Er ist in keiner Weise kommerziell ausgerichtet und auch mit keiner Therapieeinrichtung verknüpft.